🏫 SAARBRÜCKEN | Bloß keine schlafenden Hunde wecken: So wollte offenbar das saarländische Bildungsministerium im Fall des jüngsten IQB-Bildungstrends verfahren. Vor Monatsfrist hat das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) seine Befunde zur Bildungsqualität in Deutsch, Englisch und Französisch vorgelegt. Die Ergebnisse des „IQB-Bildungstrends 2022“ fallen für das Saarland – genauer gesagt für die Gemeinschaftsschulen – erschreckend aus.
📚 Das an die Berliner Humboldt-Uni angedockte IQB überprüft seit 20 Jahren im Auftrag der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK), wie es um das Erreichen der Kompetenzziele an Schulen steht. In Deutsch, Englisch und Französisch tut es dies seit 2009 zum dritten Mal – die Befunde spiegeln mithin die Bildungsentwicklung über fast 15 Jahre wider. Und sie sind repräsentativ: Republikweit absolvieren Neuntklässler aus zufällig ausgelosten Schulen und Klassen denselben Test.
📊 Mehr als ein Drittel der saarländischen Neuntklässler an den Gemeinschaftsschulen erfüllen demnach in Deutsch im Lese- wie im Hörverstehen nicht einmal den Mindeststandard für den mittleren Schlussabschluss (MSA). In Sachen Rechtschreibung verfehlte jeder Fünfte den MSA-Standard, was in etwa Bundesschnitt ist, den Befund aber nicht weniger gravierend macht.
📉 Verschärfend kommt hinzu: Ein Vergleich mit 2015 offenbart, dass die Deutschkenntnisse saarländischer Neuntklässler – wie überall, selbst in Vorzeigeländern wie Bayern und Sachsen – seither signifikant abnahmen. Hierzulande etwas stärker als im Bundesschnitt. Republikweit lassen sich die Negativveränderungen im Sprachvermögen in Deutsch laut Studie in einer Größenordnung von neun bzw. 16 Prozentpunkten (Lese- bzw. Hörverstehen) gegenüber der letzten Erhebung 2015 beziffern.
🌐 Noch verheerender als in Deutsch sieht es aus saarländischer Sicht in Englisch aus. Hier ist man deutsches Schlusslicht. Gut 40 Prozent der Neuntklässler bleiben unterhalb des Mindestniveaus zum Erreichen der mittleren Reife (MSA-Prüfung). Auch hier sieht es allerdings an den Gymnasien deutlich besser aus. Gemeint sind insoweit auch hier nur die Gemeinschaftsschulen, wenn die Autoren der IQB-Studie schreiben, an der Saar seien „sowohl im Leseverstehen als auch im Hörverstehen signifikante Kompetenznachteile zu verzeichnen, die zudem besonders stark ausgeprägt sind“.
🎬 Die Autoren erklären dies mit Corona-Folgeeffekten: Viele Jugendliche hätten, weil ihr Sozialleben kaltgestellt war, „mehr digitale Medien“ (englischsprachige Filme) konsumiert. Die gestiegene Englischkompetenz könnte aber auch mit der seit 2015 verstärkten Zuwanderung zu tun haben. Umgekehrt erklären die Autoren die Einbrüche im Deutschen damit, dass wohl pandemiebedingte Unterrichtsausfälle „die Lernentwicklung beeinträchtigt“ hätten.
🇫🇷 Auch die gerne zitierte „Frankreich-Strategie“ des Saarlandes (flächendeckende Zweisprachigkeit bis 2043 als Ziel) bricht sich an der Schulrealität. Der Mindeststandard wird in Französisch immer seltener erreicht. Nimmt man alle Neuntklässler (Gymnasien und Gemeinschaftsschulen), so unterschreitet ein Viertel aller saarländischen Schülerinnen und Schüler die Mindestsprachanforderungen.
👩🏫 Nicht überraschend ist, dass Mädchen in allen Sprachen (Deutsch, Englisch, Französisch) besser abschneiden und dass generell Schüler, die in Bildungshaushalten aufwachsen, „in allen Kompetenzbereichen im Schnitt höhere Kompetenzwerte“ erreichen.
Quelle: IQB Studie
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